Mitsegler-Tipps für das Anlegemanöver

Das Anlegemanöver braucht eine gute Vorbereitung und die Aufmerksamkeit aller an Bord. Denn man weiss vorher oft nicht genau, welche Situation einen im Hafen erwartet. Und das Manöver muss (insbesondere bei mehr Wind) schnell und reibungslos funktionieren, damit es nicht zu Schäden kommt. Im Manöver hat der Skipper nicht die Zeit, Detailanweisungen zu geben – da sollte jeder schon selbst genau wissen, was zu tun ist!

Auch klar: das Anlege-Manöver ist ein All-Hands-Manöver. Bei dem eigentlichen Manöver gibt es je nach Art des Anlegers feste Manöverstationen (Zuständigkeiten), die besetzt sein müssen: Ankerfierer, Vorleinen-Dichtholer, Achterleinen-Dichtholer, Leinenwerfer/Springer, Muring-Fischer, Dalben-Hänger, … – der Rest Absetzer/Fenderbediener. Die Einteilung erfolgt durch den Skipper oder Wachführer – oder man spricht sich einfach untereinander ab (schließlich sind wir nicht bei der Marine).

Hier die Themenliste der angesprochenen Punkte:

    1. Vorbereitungs-Kommandos zum Anlegen
    2. Leinen klarmachen I
    3. Leinen klarmachen II
    4. Fender klarmachen I
    5. Fender klarmachen II
    6. Manöverposition für Festmacher-Bedienung I
    7. Manöverposition für Festmacher-Bedienung II
    8. Warteposition fürs Anlegen
    9. Absetzen I
    10. Absetzen II
    11. Die Kapitäne an Land
    12. Leinen halten
    13. Leinen dichtholen
    14. Klampen belegen
    15. Im Päckchen liegen

1.) Vorbereitungs-Kommandos zum Anlegen

„Leinen und Fender klarmachen“ bedeutet:
  • 2 Vor- und 2 Achterleinen klarmachen (an StB wie an BB). Wenn wir römisch-katholisch anlegen, braucht es die Vorleinen nicht – aber dann werden auch die Arbeits-Handschuhe für die Muringleinen bereitgelegt
  • an beiden Seiten Fender anbringen (aber binnenbords an Deck liegen lassen, noch nicht nach draußen hängen!)
  • Bootshaken klarlegen (zum Fischen der Muringleine, zum Absetzen/Heranholen des Schiffs , zum Übergeben der Festmacher)
„Anker klarmachen“ bedeutet:
  • Der Ankerhauptschalter wird ON geschaltet
  • Die Sicherung des Ankers wird gelöst
  • Das Bedienteil für die elektrische Ankerwinsch wird klargelegt und überprüft, ob es funktioniert
„Anlegen StB- (oder BB)-Seite“ bedeutet:
  • Die zuvor beidseitig vorbereiteten Leinen und Fender werden alle auf die Seite gebracht, an der wir anlegen wollen:
    • Die zwei nun freigewordenen (Vor- und Achter)-Leinen werden für den Einsatz als Springs bereitgelegt (Achterspring am Cockpit – für den Einsatz von unserer Heckklampe aus nach vorn unter die Reling durch; Vorspring auf Vordeck – für den Einsatz von unserer Bugklampe aus nach achtern unter der Reling durch), aber noch nicht auf den Klampen belegt
    • Die zusätzlichen Fender werden zwischen die vorhanden gehängt
  • Die an Deck bereitliegenden Fender werden nach draußen gehängt
  • Die Manöverpositionen für das Anlegemanöver werden besetzt (je einer an der Vorschiff- und Achterschiff-Festmacherklampe als Dichtholer, einer oder zwei Mittschiffs zum Springen bzw. zum Leinen übergeben, ggf. der Ankerbediener am Bug)
  • Wenn alles klarliegt: runtersitzen, damit der Rudergänger freie Sicht hat
„Anker Standby“ bedeutet:
  • Der Anker wird soweit aus seiner liegenden Ruheposition gefiert, bis er am Bug klar zum Fallen ist
  • Ab jetzt jederzeit auf Kommando/Handzeichen des Skippers zum Ankerfallen achten

2.) Leinen klarmachen I

Falsch: Die Festmacherleine wird zwar zurechtgelegt, aber das Ende nicht auf einer Klampe belegt. Wird beim Manöver dann übersehen, dass die Leine nicht am Schiff fixiert ist, haben wir die Leine an Land, aber das Schiff hängt nicht dran. So geht ein Manöver garantiert schief!
Richtig: Das Ende der Leine immer auf einer Klampe belegen!


3.) Leinen klarmachen II

Falsch: Die Festmacherleine einfach binnenbords an Deck bereitlegen. Wird die Leine dann direkt an Land übergeben, läuft sie über die Reling oder den Buck/Heckkorb – und kann nicht richtig dichtgeholt werden. Das verlangsamt das Anlegemanöver enorm, wenn die Leinen dann erst noch umgefädelt werden müssen!
Richtig: Die Leine von der belegten Klampe aus erst unter der Reling durchführen (in der Richtung, die später die Zugrichtung der Leine ist), das Wurfende dann über die Reling wieder hereinnehmen, und schließlich das Wurfende in Buchten dort klarlegen, wo die Leine übergeben werden soll.

 

4.) Fender Klarmachen I

Falsch: Die Fender zu weit nach vorn oder zu weit nach achtern hängen – sie werden an den dicken Stellen des Schiffs gebraucht, nicht an den verjüngten Enden!
Richtig: Die Fender an die breiten Bereiche des Rumpfes hängen. Vorn erst achterlich von den Wanten beginnen – Abstand von Heck je nachdem, wie breit unser „Hintern“ ist. Auch gut: Beim rückwärts in die Box gehen einen (Kugel-) Fender ans Heck hängen.
 

5.) Fender Klarmachen II

Falsch: Die Fender beim Klarmachen schon außenbords hängen. Mit draußen hängenden Fendern einlaufen sieht unseemännisch aus – und wenn wir in eine Box gehen, sind uns die Fender im Weg, wenn wir zwischen Dalben durchmüssen.
Richtig: Die Fender außen auf richtiger Höhe anbringen – und dann erst mal wieder an Deck legen, bis das Kommando „Fender raus“ bzw. „Anlegen StB- (oder BB)-Seite“ kommt. Übrigens: der richtige Konten ist ein Webleinstek!
 

6.) Manöverposition für Festmacher-Bedienung I

Falsch: Nur die Position zum Werfen/Leinenübergabe ist besetzt – und niemand steht an der Klampe zum Dichtholen der Leine. Die Folge: das Schifft driftet, weil niemand die Leine schnell dichtholen kann!
Richtig: Es braucht bei jedem Festmacher IMMER einen Mann an der Klampe, der die Leine dichtholt! Ggf. ist der gleichzeitig auch der Werfer (etwa für die Heckleinen beim RK-Anlegen, wenn auf der Pier jemand zur Annahme der Leinen bereitsteht) – aber es geht nicht ohne den Dichtholer!
Hinweis: Beim Ablegen gilt das entsprechend: auch da braucht es immer einen an der Klampe (zum Lose geben und zum einholen der losgeworfenen Leine) – nicht nur den Loswerfer an Land!
 

7.) Manöverposition für Festmacher-Bedienung II

Falsch: Der Springer/Werfer steht nicht dort, wo sich im Laufe des Anlege-Manövers die kürzeste Distanz zum Springen oder zur Leinenübergabe ergibt. Und das ist nur selten der Bug oder das Heck, auch wenn das viele immer wieder meinen!

Richtig: In der Regel ist die richtige Position zum Springen oder zur Leinenübergabe mittschiffs an der dicksten Stelle des Schiffes. Wenn wir Längsseite anlegen, läuft der Bug zwar zunächst auf die Pier zu, aber beim Näherkommen dreht der Rudergänger den Bug von der Pier weg – achterlich von den Wanten am breiten Bauch des Schiffes ist die richtige Stelle für Springer bzw. Werfer, damit die Leine sicher an Land kommt. Wenn wir zwischen zwei Dalben in eine Box reingehen, ist die dickste Stelle des Schiffes ebenfalls die beste Position, um Vor- bzw. Achterleine über die Pfähle zu legen. Nur wenn wir vorwärts bzw. rückwärts in eine Box gehen, werden die an Land gehenden Leinen am Bug (beim vorwärts einparken) bzw. Heck (beim rückwärts einparken) übergeben.
 

8.) Warteposition fürs Anlegen

Falsch: Nach der Manövervorbereitung an Deck stehenbleiben und dem Rudergänger die Sicht versperren. Es ist egal ob ihr was sehen könnt – der Rudergänger muss sehen können, sowohl direkt nach vorne wie auch links und rechts davon.

Richtig: Nach dem Klarmachen für das Manöver ducken sich der Leinen-Dichtholer auf dem Vorschiff und die Springer/Werfer bzw. Abfenderer mittschiffs auf ihren Manöverpositionen nach unten, bis sie zum Einsatz kommen. Wer nicht auf eine Manöverposition eingeteilt ist, setzt sich ins Cockpit und hält den Kopf unten. Lautstarke Kommentare zur Schönheit des Hafens etc. bitte erst nachdem wir fest sind („Sprechen mit dem Skipper / Rudergänger verbøten!).
 

9.) Absetzen I

Falsch: Bei einem misslungenen Manöver oder bei viel Wind das Schiff mit den Füßen von Steg, Dalben oder Nachbarlieger abhalten.
Richtig: Fender benutzen! Bei einem viele Tonnen schweren Schiff besteht für Beine/Füße eine hohe Verletzungsgefahr!
 

10.) Absetzen II

Falsch: Mit Händen oder Bootshaken mit aller Macht an der Reling des Nachbarn drücken oder ziehen.
Richtig: Auch wenn die Reling des Nachbarn keine Tabuzone ist: besser mit Fendern und Leinen arbeiten, damit das Manöver gelingt. 
 

11.) Die Kapitäne an Land

Falsch: Die besten Kapitäne stehen immer an Land – und gerade bei Hafenmanövern machen die sich zu gerne wichtig. Unsichere Mitsegler folgen gerne auch mal den Anweisungen von diesen Schlaumeiern und Helfern an Land. Aber das wirkt absolut unprofessionell – und kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das ganze Manöver wegen Durcheinanders in die Hose geht.
Richtig: Wie das Manöver laufen soll, sagt nur der Skipper! Wenn Leute an Land was vorschlagen, kann man das dem Skipper weitergeben – aber nur der entscheidet, ob wir darauf hören oder nicht. Und auch die netten Festmach-Helfer an Land bekommen VON UNS die Anweisung, wo sie die Leine drüberhängen sollen – und ob sie einfach belegen oder das Ende auf Slip wieder an Euch an Deck zurückgeben sollen (Ratschläge von den professionellen Marina-Angestellten darf man dabei aber schon annehmen – genauso Bitten von Schiffen, bei denen wir längsseits gehen).
 

12.) Leinen halten

Falsch: Leinen freihändig zu halten zu wollen – wenn richtig Zug auf die Leine kommt, reicht die Kraft nicht mehr!
Richtig: Die Leine um einen Poller, Klampe etc. herumlegen – so behält man auch großen Zug sicher im Griff!
 

13.) Leinen dichtholen

Falsch: Es macht überhaupt keinen Sinn, Leinen an beiden Enden dichtholen zu wollen – das ist reine Kraftvergeudung. Und wenn man an Land zieht, hat man die ganze Lose der Leine an Land liegen, wo sie nicht hingehört!
Richtig: An Land wird einfach so schnell wie möglich das Ende der Leine belegt (durch den Springer oder einen Helfer an Land) – dichtgeholt wird dann vom Schiff aus. Oder das Ende der Leine wird an Land um einen Poller oder durch einen Ring geführt und an Deck zurückgegeben („auf Slip gelegt“) – und von Deck aus wird dann dieses Ende dichtgeholt. Ganz einfach: Leinen werden NUR an Deck dichtgeholt, nie an Land!
 

14.) Klampen belegen

Falsch: Die Klampen werden oft nicht richtig belegt. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern macht auch Probleme in der Funktion – unseemännisch ist es sowieso!
Richtig: Klampe belegen beginnt immer mit einem spitzen Winkel – also aus der Zugrichtung heraus erst mal um die hintere Flunke der Klampe herum. Mit so einem spitzen Winkel zu Anfang kann man den Leinendruck erst mal gut abfangen – und dann in Ruhe kreuzweise die Klampe belegen. Oben drauf den Kopfschlag in die richtige Richtung – so, dass die Parten parallel zueinander laufen.
 

15.) Im  Päckchen liegen

Falsch: Über Heck oder Cockpit des Nachbarn steigen, wenn man an Land oder zurück an Bord will. Oder von Land aufs Deck des Nachbarn springen. Das ist alles extrem unhöflich!
Richtig: Möglichst leise auf das andere Schiff übersteigen und dann immer vorn um den Mast rum auf die andere Seite gehen, auch wenn das ein Umweg ist. Wenn man doch mal übers Heck muss (etwa zum Leinen oder Kabel ausbringen): erst fragen!